Geschichte Götzens

Götzens liegt am westlichen Mittelgebirge und wurde 1128 unter dem Namen „Gecens“ erstmals erwähnt.
Auf einem vorspringenden Hügel nordwestlich vom jetzigen Dorf stand die wahrscheinlich im 12. Jahrhundert erbaute, 1232 als Besitz der Andechser genannte Burg Vellenberg. Das schon im 12. Jahrhundert nachweisbare Geschlecht der Herren von Vellenberg, Dienstmänner der Andechser und ihrer Nachfolger, scheint um 1400 ausgestorben zu sein. Seit 1426 war die Burg endgültig in landesfürstlichem Besitz. Hier saßen bis ins 17. Jahrhundert die Pfleger und Landrichter des Gerichtes Sonnenburg. Zwei prominente Gefangene waren in der Burg festgehalten: unter Herzog Friedl mit der leeren Tasche der Minnesänger Oswald von Wolkenstein („in ainem winkel saß ich dort ze vellenberg“) und unter Erzherzog Sigmund die Äbtissin Verena des Stiftes Sonnenburg im Pustertal. Um 1670 wurde das Schloss durch ein Erdbeben beschädigt, 1689 ein zweites Mal. Es ist dann allmählich verfallen, und 1757 benützte man die Trümmer als Baumaterial für das Mesnerhaus auf dem Blasiusberg in Völs. Die Ruine Vellenberg besteht nur mehr aus Resten von Wehrmauern und Kellern. Das Haus auf dem Burghügel wurde 1839 errichtet.
Die erste Kirche von Götzens war das jetzige Theresienkirchlein am Westrand des Dorfes. Es wird schon 1350 erwähnt und war den Aposteln Peter und Paul geweiht. Seit 1928 hat es als Kapelle der Tertiarschwestern St. Theresia zur Patronin. Man hat bei der Restaurierung 1969/70 Fresken aus der Zeit um 1520 mit der Stifterfigur des Blasius Hölzl freigelegt. (Er hat auch das schwarze Kreuz für das Blasiuskirchlein gestiftet). Die Fresken stellen die Hl. Anna Selbdritt, das Schiff der Hl. Ursula, die Kreuzigung und Heiligenfiguren dar. Die Theresienkapelle hat einen hübschen Altar aus dem Jahre 1676. Die neue Statue der Hl. Theresia ist von Rudolf Millonig (1970).
1772 – 1775 wurde mitten im Dorf vom Götzner Baumeister Franz Singer die neue Peter- und Paulkirche gebaut, die zu den schönsten barocken Dorfkirchen in Tirol gehört. Der Bau einer so reich ausgestatteten, großen Kirche in so kurzer Zeit lässt sich nur dadurch erklären, dass das religiöse Leben gerade zu jener Zeit einen großen Aufschwung genommen hatte und den Götznern kein Opfer zu groß war (die 1732 gegründete Franz Xaverius-Bruderschaft mit Sitz in Götzens zählte 1758 fast sechzehntausend Mitglieder!).
Die schöne Fassade der Kirche wurde 1964 restauriert. Die Innenausstattung ist von großer Pracht: die Stukkaturen und die schwungvolle Kanzel sind von Franz Singer, die Deckengemälde von Matthäus Günther, sämtliche Plastiken an den fünf Altären von Johann Schnegg. Die Bilder am Hochaltar und an den zwei vorderen Seitenaltären malte Andreas Nesselthaler, Hofmaler in Salzburg (früher wurde angenommen, das Hochaltarbild stamme von seinem Lehrmeister Franz Anton Maulbertsch), die Bilder der beiden hinteren Seitenaltäre von Anton Kirchebner, während die Kreuzwegstationen von seinem Sohn Franz Xaver Kirchebner stammen.
Die Kirche besitzt eine Fastenkrippe und eine der schönsten „angezogenen“ Weihnachtskrippen im Lande (die über einen halben Meter hohen Rokokofiguren haben Wachsköpfe und geschnitzte Hände und Füße). Auch in vielen Häusern in Götzens gibt es interessante Krippen. Zu den Höhepunkten des Jahres zählt die große Prozession am Peter- und Paulstag, eine der eindrucksvollsten ihrer Art.
Götzens hat immer wieder unter Murausbrüchen des Geroldsbaches zu leiden gehabt. Ursprünglich strömte dieser Bach, der am Birgitzköpfl entspringt, nach Birgitz und mündete in den Axamer Bach. Die Götzner leiteten aber den Bach zu ihrem Dorf hin, um Mühlen betreiben zu können. Der Sage nach soll ein habsüchtiger Müller schuld sein, der jetzt noch als „Klammgeist“ umherirrt. Die Folge dieses Eingriffes waren verheerende Murkatastrophen, die letzte im Jahr 1908. Eine hohe Mauer schützt jetzt das Dorf.
Der Baumeister und Stukkateur Franz Singer (1724-1789) war der Berühmteste einer ganzen Baumeisterdynastie, die aus Götzens stammte. Die bekanntesten Singer vor Franz waren sein Vater Johann (gest. um 1740), dessen Bruder Jakob (gest. 1760) und sein Sohn Kassian (1712-1759). Franz Singers Söhne Thomas und Johann wurden ebenfalls Stukkateure. Sein Schüler Josef Abenthung (1719-1802) aus Götzens wurde ein bedeutender Baumeister des Frühklassizismus Andre Hueber (um 1725-1808) aus Götzens hat viele Rokokokirchen in Tirol gebaut, insbesondere im Unterinntal.
Von der Malerfamilie Kirchebner kam der Vater Anton aus Axams; er ließ sich in Götzens nieder, wo seine Söhne Franz Xaver (1736-1815) und Josef (1756-1814) geboren wurden, die viele Kirchen mit ihren Fresken und Bildern geschmückt haben.
Ein berühmter Götzener war der Organist und Komponist Josef Abenthung (1779-1860), der sich 1809 als tapferer Schützenhauptmann im Freiheitskampf auszeichnete. An seinem Geburtshaus (Nr. 87) wurde 1960 eine Gedenktafel von Franz Pöhacker angebracht.
An einen Helden der neuesten Zeit erinnert eine Gedenktafel links im Presbyterium der Kirche: Pfarrer Otto Neururer, seit 1932 Seelsorger in Götzens, 1938 von den Nationalsozialisten verhaftet, 1940 im Konzentrationslager Buchenwald bestialisch ermordet. Nach der Seligsprechung von Otto Neururer entwickelte sich Götzens zum Wallfahrtsort, zu dem jährlich viele Pilgergruppen kommen.
Quelle: Tirol Lexikon, Gertrud Pfaundler, verlegt bei Rauchdruck, Innsbruck